LOST & FOUND

 

Helene COVATTI & Robert DUSSAUT

 

Warum wir es lieben, vergessene Werke auszugraben? 

Henrike und ich finden es immer spannend, zu Unrecht vergessene Werke zu "exhumieren". Man befindet sich auf unbekanntem Terrain, man ist weder mit der Klangsprache, noch mit den musikalischen, kompositorischen Vorlieben der Komponisten vertraut und hat keine Referenzaufnahme zur Verfügung, an Hand deren man sich ein Bild machen könnte. (Und bei mir - muss ich gestehen - kommt noch ein ganz persönlicher Aspekt hinzu: ich liebe es, mir vorzustellen, dass ich in diesem Moment gerade der einzige Mensch bin, der sich in diesem Augenblick mit diesem Komponisten beschäftigt. Aber das nur am Rande...)

 

Wie kamen wir auf Hélène Covatti & Robert Dussaut?

 In diesem Fall war es unser Label Audax Records, das uns auf den Nachlass des Komponistenehepaars aufmerksam machte. Der Dirigent und Liedbegleiter Iñaki Encina Oyón, selbst Schüler von Thérèse Dussaut, der Tochter der beiden Komponisten, hatte dort schon eine wunderbare CD mit Liedern Covattis und Dussauts eingespielt. Schon beim ersten Lesen waren wir von dieser hoch expressiven, postimpressionistischen Musik hingerissen. Wir konnten durchaus auch Parallelen in der Klangsprache Hélène Covattis und Karol Szymanowski, mit dem wir uns für unsere Debüt-CD eingehend beschäftigt hatten, finden.

 

Wer waren die beiden?

Hélène Covatti, geboren in Athen, kam mit 15  Jahren zum Studieren nach Paris. Ihre Eltern - ihre Mutter war selbst Malerin - unterstützten ihren Wunsch Musikerin zu werden. Mit ihrer phänomenalen Violinsonate gewann sie auch prompt den Prix Halphen, mit spezieller Würdigung durch den in der Jury vertretenen Komponisten Arthur Honegger. Doch nach der Geburt ihrer Tochter und den Erfahrungen des 2. Weltkriegs hörte sie auf zu komponieren und wandte sich vollständig dem Unterrichten am Conservatoire de Paris zu.

Robert Dussaut, geboren in Paris, Student von Vincent d'Indy und Charles Widor, war Preisträger des berühmten Prix de Rome. Interessant ist die Vielfalt seiner Tätigkeiten: Komponist, Dirigent, Geiger an der Pariser Oper, Forscher der Akustik  und Entwickler einer neuen Sprache, die als Nachfolger Esperantos gehandelt wurde.

Durch den zweiten Weltkrieg und den danach einsetzenden ästethischen Wandel wurde die Karriere der beiden jäh beschnitten.

 

Marie Radauer-Plank, November 2022